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Ein LKW mit toter Fracht

Ein LKW mit toter Fracht
Paraphrase #2 auf 71 oder Der Fluch der Primzahl

Film-Essay von Peter Wagner

Musik sowie alle Instrumente und Samples: Ferry Janoska
Atmende: Bella Ban 
Sprecher: Oliver Vollmann

Bildende KünstlerInnen: Peter Assmann, Thomas Enzenhofer, Wolfgang A. Horwath, Walter Kainz, Marion Kilianowitsch, David Kleinl, Sepp Laubner, Milan Lukáč, Iberia Medici, Bernd Romankiewitz, Faek Rasul, Hussien Ramadan, Gudrun Schüler, Erich Spindler, Zsòfia Sztranyàk, Hans Wetzelsdorfer, Oksana Zmigevska

Österreich 2018, 85 min., HDV

Trailer Kino-Premiere am 22. April, 11h Matinee, Diesel-Kino Oberwart >>

EIN LKW MIT TOTER FRACHT

Paraphrase #2 auf 71 oder Der Fluch der Primzahl

Film-Essay von Peter Wagner

In seinem Film-Esse "Ein LKW mit toter Fracht" lässt Autor und Regisseur Peter Wagner einen Teil jener Menschen zu Wort kommen, die unmittelbar an der Aufarbeitung einer Tragödie beteiligt waren. Sie hatte sich am 27. August 2015 im ostösterreichischen Ort Parndorf als Menetekel der zukünftigen politischen Entwicklungen in Europa ereignet und für weltweites Aufsehen gesorgt: An diesem Tag waren im Kühlkoffer eines in einer Autobahn-Pannenbucht abgestellten LKW 71 erstickte Flüchtlinge entdeckt worden. Damit war das sog. Flüchtlingsproblem mit einem Schlag in Mitteleuropa angekommen.

Sie alle leisteten das, was im Tierreich die Geier leisten, um den verwesenden Abfall der Natur zu entsorgen: als Staatsanwalt, Leiter der Mordkommission, Leiter der Fahndung, aber auch als Totengräber, Bürgermeister, Amtsleiter - und letztlich auch als freiwillige HelferInnen in jenen turbulenten Tagen. Diese sollten die europäische Politik nicht nur, aber doch auch in Anbetracht der Worte der deutschen Kanzlerin Wir schaffen das!, der kurzfristig aufwallenden und dann genauso schnell wieder verebbenden Hilfsbereitschaft der Bevölkerung den anströmenden Flüchtlingen gegenüber sowie der politischen und atmosphärischen Irritationen nachhaltig prägen. 

Ein gutes Jahr nach den denkwürdigen Tagen im August und September 2015 geben die Aufräumer, bereitwilliger als man vermuten möchte, Auskunft über ihre Arbeit und ihren Einsatz. Doch nicht nur aus den Worten der Interviewten, sondern auch in den Gesichtern der FragestellerInnen ist jenes auch ein Jahr später noch vorhandene Quantum an Ungläubigkeit darüber zu spüren, wie es möglich war, dass 71 Flüchtende, eingepfercht auf einer Ladefläche von 13 Quadratmetern, mitten in Europa als verwesende Leichen abgestellt werden konnten. 

Peter Wagner verzopft Dokumentarisches mit literarischen Texten, Werken von bildenden KünstlerInnen zum Thema Europa und Flucht sowie Musik des Komponisten Ferry Janoska, der als in der Slowakei geborener und heute in Österreich lebender Angehöriger der Volksgruppe der Roma ebenfalls das Kind einer Flucht ist. Zusätzlich verwendet Wagner einen Plexiglas-Würfel mit der Seitenlänge von 72 Zentimetern, in dem die bildende Künstlerin und Performerin Bella Ban jene Menge an Sauerstoff auszuloten versucht, die jedem einzelnen der 71 Passagiere in dem Todes-LKW zur Verfügung gestanden hatte. Laut medizinischer Expertise ist damit ein Überleben von ca. 22 Minuten möglich. Dieser Würfel spielte bereits in der Performance atem; aus; atmen - Paraphrase #1 auf 71 oder Der Fluch der Primzahl >>, mit der das Europäische Forum Alpbach 2017 eröffnet wurde, eine Rolle.

Trailer Kino-Premiere am 22. April, 11h Matinee, Diesel-Kino Oberwart >>

 

CREDITS

FragestellerInnen: Christoph Andexlinger, Klaus-Jürgen Bauer, Theodora Bauer, Clemens Berger, Robert Frittum, Michaela Frühstück, Petra Ganglbauer, Wolfgang Horwath, Karin Ivancsics, Katharina Janoska, Christian Keglovits, Siegmund Kleinl, Otto Lippert, Johann Maszl, Wolfgang Millendorfer, Petra Piuk, Sophie Reyer, Reinhold Stumpf, Peter Wagner

Kameras: Mike Hoffmann, Georg Müllner; Schnitt: Hannah Glockenspiel; Ton: Max Hoffenthal; Licht: Helmut Wachter; Technik und Musikaufnahme: Georg Müllner

Teile des hier verwendeten Materials entstammen der Theaterproduktion 71 oder Der Fluch der Primzahl >>
Idee und Inszenierung: Peter Wagner 

Nach einer Anregung von Johann Maszl sowie der auszugsweisen Verwendung der Texte von 21 AutorInnen des Burgenlandes
Eine Produktion der Theaterinitiative Burgenland in Kooperation mit der Gemeinde Parndorf und dem Offenen Haus Oberwart >>
Uraufführung: 4. Jänner 2017 in Parndorf
Produktionsleitung: Alfred Masal
Gefördert von Kultur Burgenland, BKA-Kunst und der Gemeinde Parndorf

Eine Produktion von Peter Wagner´s Eros Kadaver Film
Philosophie zur Wahrung künstlerischer Unabhängigkeit
Das Märchen der Musik op. 47

Die vollständige Interviews sowie Texte von 21 AutorInnen sind erschienen in der Edition Marlit, Buchbestellung >>

71 oder Der Fluch der Primzahl
Hg. Siegmund Kleinl, Peter Wagner, Eveline Rabold
Buchkonzept: Peter Wagner
Edition Marlit 2017