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Ein Autor als Grenzgänger

Entdeckt wurde Peter Wagner mit 17 von dem Hörspielautor Jan Rys. Bis heute schrieb er etwa 25 Theaterstücke und zahlreiche Hörspiele. Seit einigen Jahren dreht er auch Filme. In seinen Werken verarbeitet er einschneidende Erlebnisse wie seine Erfahrungen am Eisernen Vorhang.

Peter Wagner, Künstler aus dem Südburgenland, nahm sich selten ein Blatt vor den Mund. Dafür beschrieb er es umso deutlicher und einprägsamer.

EIN AUTOR ALS GRENZGÄNGER

Er sieht ihn noch vor sich, diesen von Gestrüpp überwucherten Zaun, der ihn mit 16 wie magisch anzog. "Ich bin immer runter nach Eisenberg oder Rechnitz. Wie ein Süchtiger bin ich hingefahren und habe drübergesehen, über den Stacheldrahtverhau, der zwei Welten trennte", erzählt Peter Wagner. "Die Grenze war für mich wie ein Tatort: Da war ein Verbrechen passiert, das ich nicht benennen konnte".

Der Eiserne Vorhang steht dort nicht mehr. Geblieben ist jedoch die Anziehungskraft, die den Theaterautor, Schriftsteller und Regisseur Peter Wagner immer wieder zur Grenze führt. Für seine erst dieser Woche präsentierte Dokumentation "Der Kurs / A tanfolyam" fuhr er mit Jugendlichen aus dem Burgenland und aus Westungarn zur Aussichtswarte am Geschriebenstein, ans Ufer der Pinka bei Eisenberg . . .

An der Grenze drehte Wagner auch erst vor kurzem mit seinem Lieblingsschauspieler Christoph F. Krutzler und Michaela Gally. Bei der Emmerichs-Kirche im Landessüden verwirklichte er eine Idee, die bereits 1989 in ihm zu reifen begann: die Liebesgeschichte "Die Eiserne Grenze".

Seit Jahren ist es wie ein Heißhunger nach Dreharbeiten, der Wagner treibt. "Der Film ist für mich das kompletteste Medium. Er vereint alle meine Leidenschaften - als Drehbuchautor, als Regisseur, als Musiker." Doch es war ein kurvenreicher Weg, der ihn zur Kamera führte: Er war 12, als er sein erstes Werk, eine rhythmische Messe, schrieb, 16, als er durch Europa trampte und seine ersten Erzählungen verfasste. Und nicht zuletzt war Wagner als Jugendlicher - was man heute kaum vermuten mag, wenn man den melancholischen Mann mit schwarzem Hut sieht - ein erfolgreicher Sportler. Doch dann kam es ganz anders.

BEGEGNUNGEN

Er begegnete im zarten Alter von 17 Jahren dem Hörspielautor Jan Rys, der ihn 1974 erstmals zu den "Internationalen Hörspieltagen" nach Unterrabnitz holte. Schon bald, nämlich zwei Jahre später, erhielt er ein Staatsstipendium als Schriftsteller. Danach machte Wagner mit seinen musikalischen Projekten und künstlerisch-politischen Aktionen auf sich aufmerksam. Ein Blatt nahm er sich nie vor den Mund. Und nicht selten löste er Skandale aus.

Seine Erfahrungen am Eisernen Vorhang, jene Momente, als er als Jugendlicher die Umsiedelung der Roma in Oberwart beobachtete, die Freundschaft zu einem Rom, der in Auschwitz seine Familie verloren hatte, das Bombenattentat - alles das waren einschneidende Erlebnisse für Peter Wagner, die ihn bis heute nicht auslassen.

Schon die Titel seiner Werke lassen erahnen, dass sie keinem oberflächlichen Amüsement dienen. So erlebt man oft nach einer Premiere ein Publikum, das für einen Moment den Atem anhält, ehe es zu applaudieren beginnt.

"Es geht darum, für sich die Welt zu hinterfragen, in der Meinung, dass man das stellvertretend für andere tut. Es geht darum, etwas aufzureißen", beschreibt Peter Wagner. "Dann ist es auch eine tolle Sache, wenn durch meine Arbeit der eine oder andere vielleicht beginnt, gründlicher mit sich und der Welt zu verfahren."

So gründlich, dass seine Vorstellungen oft emotionsgeladene Diskussionen auslösten, bei denen manchmal sogar die Fetzen flogen.

Viktória Erdélyi, KURIER