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Dorf. Interrupted

Die Inszenierung

Stück von Katharina Tiwald

Szenische Einrichtung und Regie: Peter Wagner
Premiere: Donnerstag, 26. Jänner 2006, Offenes Haus Oberwart

Aufzeichnung auf Vimeo (112 min) >>

Pressestimmen

Wenn die Arbeit los ist
Unterstützt vom AMS, haben Langzeitarbeitslose im Südburgenland ein von Peter Wagner inszeniertes, zauberhaftes Theaterstück auf die Bühne gebracht.
Oberwart – Gut drei Jahre lang hat Peter Wagner vergeblich nach einem Financier gesucht, um den Text einer der bemerkenswertesten jungen österreichischen Autorinnen, Katharina Tiwald, auf die Bühne zu bringen. Bis er schließlich ins Oberwarter Büro des AMS marschierte. Mit einer vagen Idee, für die man dort – "für mich selbst überraschend" – offene Ohren hatte. Und so wurde aus der Theaterproduktion ein Projekt für Langzeitarbeitslose aus dem Südburgenland.
Keine Peinlichkeit
 – Donnerstagabend hatte das Stück "Dorf.Interrupted" Premiere im Offenen Haus Oberwart (OHO), und es war keineswegs der von manchen befürchtete, laienhaft heruntergebogene Abend, sondern eine zauberhafte, jede Klippe möglicher Peinlichkeit umschiffende Aufführung, die unter anderem davon lebt, dass die sperrigen, sich an den Wortsinnen entlang hantelnden Textkaskaden gerade im Verständnisbemühen der Nichtprofis einen tönenden Resonanzkörper gefunden haben.
70 kamen zum Casting
 – So gelungen diese Aufführung auch war: Peter Wagner, der im Südburgenland lebende Schriftsteller mit der ausgeprägten Theaterpranke, sprach dennoch lieber übers Projekt selbst und die – vom AMS dorthin quasi in Schulung geschickten – Menschen, die es trugen. 70 kamen zum Casting. 15 davon waren "verrückt genug, sich das anzutun". Aber auch von diesen wollten die meisten eher hinter die Bühne.
Handwerker für die Bühne – 
Einer, erzählt Wagner, habe den Traum, Pressefotograf zu werden. Also schickte Wagner ihn durchs Land, Dorfbilder zu sammeln. Das Bühnenbild, ein alter Dachstuhl, war die Idee und die Tat eines Handwerkers, "die Masken verdanken ihr Dasein der kreativen Potenz einer zweiundzwanzigjährigen so genannten Freizeitmalerin", selbst die Website war kein Fall fürs Outsourcing. Vier aus dem Team haben schließlich den Schritt an die Rampe gewagt.
Modellcharakter
 – Das AMS hat für zweieinhalb Monate die Anstellung übernommen. Und Wagner glaubt, dass dieses Projekt Modellcharakter haben könnte. "Was das für das Selbstwertgefühl der Menschen bedeutet, kann man gar nicht hoch genug einschätzen." Nicht nur für die vier Schauspieler. "Es ist darum gegangen, im Team zu arbeiten, gemeinsam etwas auf die Beine zu stellen." Und nicht nur das: "Die wichtigste Erfahrung ist wohl die, etwas durchgezogen, fertig gemacht zu haben."
Und dass das etwas ist, das sich herzeigen lässt, davon kann sich im OHO jeder überzeugen. Nächste Vorstellung: Sonntag, 11.00 Uhr.
Wolfgang Weisgram, DER S TANDARD Printausgabe 28.1.2006

Das enge Dorf und die Größe der Darsteller

von Viktória Erdélyi

Er ging nicht auf. Nicht wie üblich zu Beginn. Der Vorhang blieb unten und wurde zur Leinwand. Wie im Kino, um die Namen der Mitwirkenden zu zeigen.
Und dann wurde der Vorhang im Offenen Haus Oberwart (OHO) zur Fassade, auf der weiß getünchte Bauernhäuser, lachende Menschen und Wiesen mit grellgelben Blumen leuchteten - und die zu bröckeln begann, als der Vorhang dann doch aufging. "Warum sind wir noch hier?", fragte eine Frau auf der Bühne und meinte damit ein Dorf, ein beliebiges, dessen Idylle die Autorin Katharina Tiwald mit ihrem ersten Stück hinterfragte. Und dessen Geheimnisse Peter Wagner als Regisseur lüftete. Kaum schöne.
APPLAUS Da waren Feste, bei denen zu viel getrunken wurde, die mit schrecklichen Unfällen endeten, Intimes, das keine Privatsphäre fand und rastlose Pendler. Und dennoch: Das Publikum spendete "Dorf.Interrupted" Applaus, Applaus und noch einmal Applaus.
Es lobte die tiefgründige Gedanken- und Sprachwelt jener jungen Frau, die ihre erste Uraufführung aufgeregt aus dem hintersten Winkel des Saales beobachtet hatte. Und das Publikum feierte ein besonderes Team, das erstmals im Rampenlicht stand. Es sind 15 Menschen aus dem Bezirk Oberwart, die mit finanzieller Unterstützung durch das AMS für knapp drei Monate eine Anstellung im OHO erhielten.
Wagner vollbrachte es, aus ihnen jenes kreative Potenzial, das zuvor unerkannt in ihnen schlummerte, zu holen: Sie spielten auf der Bühne, bauten Kulissen, machten die PR, tanzten. Die Arbeit war hart, der Weg bis zur Premiere nicht ohne Hürden. "Aber als ich beim Schlussapplaus da oben stand, da stellten sich alle Haare auf, die ich hab'", schwärmte Alexander Benkö, ein gelernter Maschinenschlosser, der für seine schauspielerische Leistung sogar Bravo-Rufe erntete. "Peter Wagner will mir helfen, ich habe vor, als Schauspieler weiter zu tun", fühlte sich der 26-Jährige in seinem Vorhaben bestärkt.
POLITIKER "Arbeit hat in unserer Gesellschaft einen sehr hohen Stellenwert. Dieses Projekt, der Erfolg, ermöglicht den Menschen wieder Selbstvertrauen zu gewinnen", sagte Grüne Klubobfrau Grete Krojer, eine der ganz wenigen der heimischen Politszene im Publikum. Wo waren die anderen? Jene, die sonst in den ersten Reihen sitzen und sich nicht ungern mit Intendanten ablichten lassen?
Das Stück zeigte eine Gemeinschaft, die sich in ihrem Dorf selbst einschloss. Doch gespielt wurde das Stück von einer Gemeinschaft, die sich neue Tore öffnete.

INFORMATION
bis 12.Februar, 03352 / 38555
Kurier, 29.1.06

Dorf.Interrupted
 – 15 Arbeitssuchende auf der Bühne
15 Arbeitssuchende aus dem Südburgenland spielen zur Zeit im Offenen Haus in Oberwart Theater. Das Stück heißt "Dorf.Interrupted" und stammt von der jungen Autorin Katharina Tiwald. Regie führt Peter Wagner.
Szenen aus einem imaginären Dorf
 – Eine ehemalige Gastwirtin, eine Schulabbrecherin, ein gelernter Machinenschlosser agieren neben anderen in einem Stück mit bruchstückhaften Szenen aus einem imginären Dorf.
ORF-Redakteurin Eva Hillinger zum Stück:
 "Ton- und Bildcollagen mit zum Teil extrem drastischen Darstellungen und in manchmal epischer Breite sind ein wesenliches Gestaltungselement.
 Das Ensemble beeindruckt durch seine Sicherheit im Umgang mit dem schwierigen Text, durch Bühnenpräsenz und Spielfreude."
Fähigkeiten für das Leben – 
Darstellerin Jenney Vass ist überzeugt, dass sie aus diesem Projekt Fähigkeiten für ihr weiteres Leben mitnimmt. Sie sei viel offener geworden und könne sich jetzt ohne Angst vor Publikum präsentieren.
 Horst Franz vom AMS-Oberwart meinte nach der Premiere, es sei beeindruckend, wie schnell sich die Darsteller, die alle länger als ein Jahr ohne Job und ohne Perspektiven waren, verändert hätten.
Termine der Aufführungen
 – Sonntagvormittag und an den nächsten beiden Wochenenden gibt es weitere Aufführungen von "Dorf.Interrupted". Dann endet das ungewöhnliche Theaterexperiment des Offenen Hauses Oberwart.
www.orf.at - Hauptseite 28.1.06

Aus der Lethargie in ein neues Leben


Vier Wochenenden lang standen sie entweder auf oder hinter der Bühne, brachten das Publikum zum Jubeln, sorgten für Staunen, ob ihrer künstlerischen Hochleistungen. 15 langzeitarbeitslose Personen hatten im Rahmen des vom AMS unterstützten Theaterprojektes "Dorf.Interrupted" im Offenen Haus Oberwart (OHO) die große Chance zu zeigen, was in ihnen steckt - und für drei Monate eine Anstellung bekommen. Doch der letzte Vorhang ist gefallen, das Projekt ist Geschichte und damit auch das Dienstverhältnis der Mitwirkenden mit dem OHO.
Hatte das Ganze dann eigentlich Sinn?
"Einige haben bereits einen Job gefunden, bei anderen bahnt sich etwas an, doch das Allerwichtigste, alle sind hochmotiviert und haben Eigeninitiative entwickelt", berichtet Alfred Masal vom OHO.
Ein positives Beispiel ist der Weg von Roman Ort,26, aus Neumarkt im Bezirk Oberwart. Nach langer Zeit in der Arbeitslosigkeit - seinen ursprünglichen Beruf als Elektriker konnte er aus gesundheitlichen Gründen nicht ausüben - hat er nun eine Stelle als Lichtjockey in der Diskothek P2 gefunden. "Durch Dorf Interrupted habe ich Fähigkeiten entdeckt, die ich vorher nicht kannte. Ich war im OHO unter anderem für das Licht zuständig und habe gefallen daran gefunden", so Ort. Neben der Erfahrung, die er gesammelt hat, sei sein Selbstbewusstsein gewachsen und "ich habe meine Grenzen kennen gelernt, was gut für meinen jetzigen Job ist".
Auch die 26-jährige Karina Halper aus Rotenturm hat das Theaterprojekt als Sprungbrett ins Berufsleben genützt, sie hat einen Anstellungsplatz bei der BEWAG ergattert. Und Julius Horvath, zuständig für Kamera und Fotos, wurde bereits für das Tanzstück "Straight Fiction" von der renommierten Choreografin Liz King engagiert.
Auf ihr Talent aufmerksam geworden, unterstützt King auch die 17-Jährige Jennifer Vass, die in einer der fünf Hauptrollen von Dorf.Interrupted überzeugt hatte. King hilft der Mariasdorferin bei der Vorbereitung zur Aufnahmeprüfung in einer Wiener Musicalschule.

KABARETT
 – Und auch für Hauptdarsteller Alexander Benkö, 26, aus Oberwart soll die Bühne in Zukunft eine wesentliche Rolle spielen. "Ich schreibe gerade an einem Kabarett, das ich im Herbst präsentieren möchte. Außerdem werde ich an der Seite von Christoph Krutzler in einem Film von Peter Wagner mitwirken", erzählt Benkö. Durch Dorf.Interrupted hätte er endlich die Möglichkeit bekommen, sein Talent zu zeigen. "Die Bühne war schon immer mein Traum, ich hatte aber keine Chance, ihn zu verwirklichen. Hätte es dieses Theaterstück nicht gegeben, wäre ich heute nicht so weit."
"Das war das beste Projekt, das das AMS Burgenland je auf die Beine gestellt hat", ist auch Horst Franz vom AMS Oberwart überzeugt. Haben auch noch nicht alle einen Job, das Wichtigste sei, dass sie aus der Lethargie der Arbeitslosigkeit gerissen wurden und Motivation für etwas Neues geschöpft haben. "Die Personen konnten über den Tellerrand schauen und vieles lernen, was im Berufsleben wichtig ist", so auch Eva Burjan vom AMS, die nicht ausschließt eine weitere Initiative dieser Art zu starten.
Kathrin Hörist
 / Kurier, 13.3.2006

Mit Theater aus der Arbeitslosigkeit


von Peter Sitar

"Dorf interrupted" - das ist der Name eines äußerst ungewöhnlichen Theaterprojektes, das der Künstler Peter Wagner in den nächsten drei Monaten auf die Bühne des Offenen Hauses Oberwart (OHO) bringen will. Das Besondere dabei: Darsteller und Mitarbeiter sind Langzeitarbeitslose, die schon über ein Jahr keine Beschäftigung gefunden haben. Und: Im Rahmen der Wiedereingliederungshilfe unterstützt das Arbeitsmarktservice (AMS) dieses 3-Monatsprojekt und übernimmt die Kosten für zwei Monate.
"Vor Kurzem fand ein Casting, ein Vorstellungsgespräch, im OHO statt. Dazu wurden 70 Langzeitarbeitslose eingeladen, gekommen sind sogar noch mehr, was sehr ungewöhnlich ist. Da sind teilweise so gute Leute, so starke Persönlichkeiten dabei, die würd' ich nicht gegen die Creme des Burgtheaters tauschen wollen", schwärmt Peter Wagner, der sich durchaus bewusst ist, dass das Projekt ein "Hochrisiko-Projekt" ist: "Ich hoffe, wir halten durch." Nachsatz: " Aber da bin ich mir ziemlich sicher".
"Dorf interrupted" stammt aus der Feder der erst 26-jährigen Katharina Tiwald aus Großpetersdorf. Geschrieben hat sie das Stück bereits 2001 und es ist Abrechnung und verdeckte Liebeserklärung mit dem Lebensraum Dorf, seiner Enge und seiner Borniertheit.
"Die Katharina ist eines der ganz großen literarischen Talente, die ihre Texte sprachlich extrem dicht webt. Einen Namen, den man sich unbedingt wird merken müssen", urteilt Wagner über die Autorin.
Zwölf Langzeitarbeitslose werden im und rund um das Stück in den nächsten drei Monaten Beschäftigung finden.
Teilweise auf der Bühne als Schauspieler, aber auch beim Bühnenaufbau, bei der Gestaltung des Bühnenbildes, bei der Regieassistenz, der Werbung, der Öffentlichkeitsarbeit oder der Projektdokumentation.
"Das AMS unterstützt dieses Projekt, weil wir glauben, dass es so gelingen kann, die Betroffenen aus ihrer Lethargie und der Perspektivlosigkeit, wie sie durch die Arbeitslosigkeit einmal entsteht, herausreißen zu können", begründet Horst Franz vom AMS-Oberwart das Engagement seines Hauses. Erfahrungsgemäß ist das größte Problem bei Menschen, die schon lange keine Arbeit gefunden haben, die Hoffnungslosigkeit nie wieder aus dieser Situation heraus zu kommen.
Das dürfte hier anders sein. Horst Franz: "Dass alle Angeschriebenen auch tatsächlich zu diesem Termin gekommen sind, ist für uns ein Ansporn."
Ein Drittel der Kosten trägt das Offene Haus. Geschäftsführer Alfred Masal: "Ich glaube, die Faszination dieses Projektes für die Langzeitarbeitslosen liegt auch darin, dass sie - abgesehen davon, dass sie wieder einer Beschäftigung nachgehen - ein Projekt vom Entstehen bis zur Vollendung begleiten können."
In den nächsten Tagen beginnen die intensiven Vorarbeiten, offizieller Projektstart ist am 1. Dezember. In den ersten beiden Monaten wird das Stück erarbeitet, ab Februar soll dann "Dorf interruppted" im OHO zu sehen sein.
Katharina Tiwald Mit ihren jungen 26 Jahren hat die gebürtige Großpetersdorferin Katharina Tiwald schon eine bemerkenswerte Biographie zu bieten.

Nach der Matura mit ausgezeichnetem Erfolg am Gymnasium Oberschützen absolvierte sie ein Trimester in Rom, war 1997 / 98 Stipendatin des Georgia Rotary Student Program in Tifton, Gorgia, USA, studierte ein Jahr später Englische Literatur, Russisch und Italienisch an der Universität Glasgow. Dem folgten Studien an der Uni Wien und sieben Monate in St. Petersburg.
1993 war sie Österreichsiegerin beim Kurzgeschichtenwettbewerb "Europa in Schulen", lieferte Szenenbeiträge zu "ABAC Live", aufgeführt im Howard Auditorium, Tifton, USA, und produzierte das Hörspiel "Der Flaschendoderer" mit der StuThe Wien(Studierende Theater).

Tiwald beherrscht Englisch und Russisch fließend, Italienisch und Französisch auf Konversationsniveau.
KURIER, 19.11.2005

Verrücktheit gehört dazu
Von Alexandra Weitzer
Die burgenländische Theaterproduktion "Dorf.Interrupted", bietet 15 Langzeitarbeitslosen eine Beschäftigung. Ende Jänner feiert das Stück im "Offenen Haus Oberwart" (OHO) Premiere.
Sie ist hoch literarisch, verrückt, überraschend und bisher einzigartig in ihrer Besetzung. Die burgenländische Theaterproduktion "Dorf.Interrupted" führt ihre Protagonisten, 15 Langzeitsarbeitslose aus dem Burgenland, auf bisher unbekannte, aber kreative Pfade.
Die Laienschauspieler wurden mit Hilfe des AMS Oberwart in einem Casting für das Projekt ausgewählt. Am 26. Jänner wird es im "Offenen Haus Oberwart" (OHO) Premiere feiern.
Gewisse Verrücktheit – Was für Arbeitslose bei der Suche nach einem Job normalerweise ein Hindernis darstellt, war für Regisseur Peter Wagner Voraussetzung für die "Aufnahme seiner Mitarbeiter", nämlich ein gewisses Maß an Verrücktheit. "Verrückt soll heißen, dass es den Leuten möglich ist, ihr kreatives Potenzial auszuschöpfen. Ohne diese Verrücktheit wäre das Vorhaben wohl nicht realisierbar", sagt Wagner. Geboren wurde das Projekt am Wirtshaustisch. "Schon lange wurde über ein Theaterstück mit Arbeitslosen sinniert. Aber das ist natürlich kostspielig", meint Produktionsleiter und OHO-Chef Alfred Masal.
In Zusammenarbeit mit dem AMS Oberwart konnte es letztendlich aber realisiert werden. Für die Dauer des Projektes stehen die Mitwirkenden in einem normalen Dienstverhältnis zum "OHO", Lohn- und Lohnnebenkosten werden dem Jugendhaus vom AMS refundiert.
Das Stück stammt aus der Feder der 26-jährigen Autorin Katharina Tiwald und handelt von einem aufstrebenden burgenländischen Dorf, das plant, ein Theaterstück aufzuführen. "Das Stück ist Reflexion der Identität, die wir als Grenz-Burgenländer haben.
Den Inhalt kann man nicht so leicht inhalieren, er kann einen auch regelrecht überfahren", sagt Tiwald. Bei der Umsetzung des Stückes ließ sie Regisseur Peter Wagner freie Hand. "Ich bin mir sicher, meinen Text wieder zu erkennen. Es wäre mitunter sehr schade und einsam, mein ,Hirnbild' eins zu eins auf die Bühne zu projizieren", so Tiwald.
Als "schwieriges, aber sehr schönes Theater" bezeichnen die Schauspieler ihre gemeinsame Produktion. "Zuerst hab ich mich gefragt: ,worauf hast du dich eigentlich eingelassen?' Das Gebiet war mir total fremd", beschreibt Christoph Glück seine ersten Eindrücke. "Letztendlich war es eine riesengroße Freude für mich. Vor allem kommt man von zu Hause raus und ist wieder unter Leuten. Aus 15 Personen wurden eine einzige", so Glück.
Da schmerzt es natürlich, wenn jemand ausfällt. "Wir mussten auch herbe Rückschläge hinnehmen, was uns aber nicht davon abgehalten hat, voller Enthusiasmus hinter unserer Aufgabe zu stehen", sagt Regisseur Peter Wagner. Auch die politische Gesinnung und der Altersunterschied der Schauspieler bot manchmal Reibungsflächen. "Das gehört nun einmal dazu und das ist es auch, was uns so interessant macht", meint Wagner.
Recht auf Arbeit – Mittlerweile hält er Arbeitslosigkeit für eine Ungerechtigkeit. "Jeder hat das Recht auf Arbeit. Hier ist jede Person zu wirklich großen Leistungen fähig, die von unserer Gesellschaft nicht genützt werden", so Wagner.
Man sollte das Thema Arbeitslosigkeit nicht als selbstverständlich hinnehmen. Vor allem will er seinen Schützlingen folgendes mitgeben: Den Glauben an den Wert des Eigenen. Und einen hochgehaltenen Stinkefinger.
KLEINE ZEITUNG, 5.1.2006

"DORF INTERRUPTED"

Oberwart: Arbeitslose machen Theater



von Josef Lang
Alexander Benkö aus Oberwart ist 26 Jahre jung, gelernter Maschinenschlosser, war in der Werbebranche tätig und ist seit längerer Zeit arbeitslos. Warum er beim Theaterprojekt "Dorf interrupted" des Offenen Hauses Oberwart (OHO) und des Literaten Peter Wagner als Schauspieler mitmacht, kann er leicht erklären. "Mit etwa 70 anderen Langzeit-Arbeitslosen habe ich mich für eine Rolle beworben und ich bin stolz darauf, dass ich auch genommen wurde. Zwar war es etwas zäh, nach so langer Lernpause den Text zu lernen, aber jetzt habe ich ihn im Griff", erzählt er und fiebert so wie seine vierzehn "Kollegen" der Premiere am Donnerstag, den 26. Jänner, im OHO entgegen.
Finanziell stark unterstützt wird die Aufführung vom Arbeitsmarktservice (AMS) Oberwart. "Für zweieinhalb Monate haben 15 Arbeitslose eine Anstellung im OHO erhalten. Horst Franz vom AMS sieht für "seine" Klienten darin eine Chance, aus der Lethargie der Arbeitslosigkeit heraus zu kommen. "Ihr Selbstbewusstsein und ihre Motivation für das weitere Berufsleben steigen", meint er. Arbeitsplatz-Garantie nach der letzten Aufführung kann aber auch er nicht geben.
POLITIK "Dorf interrupted" stammt aus der Feder der 26-jährigen Katharina Tiwald aus Großpetersdorf. Das Stück ist Abrechnung mit dem und Liebeserklärung an das (burgenländische) Dorf zugleich. Mit der Inszenierung richtet Peter Wagner aber auch Kritik vor allem an die Politik. "Es ist ein Frage, ob diese derzeit auch die richtige Rezepte zur Verhinderung der Arbeitslosigkeit anbietet. Man muss von dieser Seite viel mehr motivieren, fördern und fordern", sieht er sich bei den bisherigen Probenarbeiten bestätigt. "Es ist faszinierend, mit welchem Einsatz ein durchaus schwieriges Stück auf die Bühne gebracht wird", holt er aus Schauspielern, Musikern,Technikern und sonstigen Mitarbeitern "130 Prozent" (Zitat Wagner) heraus.
"Das Kribbeln im Bauch steigt von Tag zu Tag", freut sich Jennifer Vass auf den Premierenabend. Was sie aber danach machen wird, weiß auch sie nicht.

Kurier, 18.1.2006