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Vanessa geht zu den Walen
Road Opera

 

 

Libretto und Inszenierung: Peter Wagner
Musik: Ferry Janoska

Textbuch "Vanessa geht zu den Walen" - Edition Marlit 2022, pdf >>

Darsteller:innen und Sänger:innen: Michaela Khom, Claudia Fellinger,
Tamás Hompok, Eveline Rabold, Alexander Wukovits
Musiker: Ferry Janoska, Lev Konovalov, Thomas Maria Monetti, Nikola Zeichmann
Virtueller Chor: Jinxin Chen, Thilo Cubasch, Risa Matsushima, Ekaterina Solunya
Bühnen-Bilder: Wolfgang Horwath / Kostüm: Markus Kuscher
Bühne und Videos: Peter Wagner / Assistenz, Fotos: Michael Foster
Lichtdesign und Produktionsleitung: Alfred Masal / Ton: Tom Eitel
Bauten und Tonassistenz: Florian Decker, Roman Pongracz,
Hannes Ringbauer, Jan Tomsits / Videoprogrammierung: Zoltán Galambos
Büro: Silvia Magdits / Organisation: Claudia Fellinger, Rebeka Troha
Philippinische Botschaften:
Mykey (Education Officer) – Group: www.peopleandthesea.org
Søren Knudsen (Program Manager) – Group: www.marineconservationphilippines.org
Walaufnahmen: Liquid Focus – www.liquidfocus.com.au
Kurzvideos in der Influencer-Szene von Schüler*innen der Schulen:
HAK Neusiedl/See, Gymnasium Wolfgarten Eisenstadt
Flugaufnahmen mit Schüler*innen des BG BRG BORG Oberpullendorf

 

 

 

... der Mensch kann auch Retten

Das Libretto von Peter Wagner, betrachtet von Walter Kootz

Die Protagonistin Vanessa folgt ihrem innersten Ruf und macht sich auf einen ungewissen und erkenntnisreich-quälerischen Weg, um den Walen in einem fernen Ozean beizustehen. Sie will helfen und bewahren, als eine Art Jeanne D'Arc voller glühendem Sendungsbewusstsein, die Natur, die Meere und ihre Kreaturen retten.

Mit fast heiligem Ingrimm begibt sie sich in diesem Stationendrama der Selbsterkenntnis auf eine Reise, auf der sie sehr unterschiedliche und irritierende Begegnungen hat.

Da ist beispielsweise das blasse Mädchen, das aus dem Fenster sprang. Sie will nur einen Satz von Vanessa hören: den, dass auch sie geliebt wird. Dieser Satz wird nicht gelingen.

Vanessa begegnet einem Selbstmordattentäter in einem Theater, dem Chor der Gecoachten, einer Sphinx und einer Influencerin samt ihren Followern, die Vanessa selbst zum heiligen Produkt, zum Objekt ihrer pervertierten Konsumbegierden erhoben haben.

Somnambul bewegt sich die Hauptfigur durch diese Stationen des Schmerzes, eine Mater Dolorosa, die an sich selbst und einer unvollkommenen und selbstzerstörerischen Welt leidet. Der Tod ist ihr ständiger Begleiter und die Begegnungen, die sie erfährt, sind immer auch Teil einer Begegnung mit sich selbst. Ein Schwanken zwischen Todessehnsucht und Tatendrang: "Der Abgrund, der in ihr schlummert und sich jederzeit auftun könnte wie der Rachen des Infernos."

An ihrem Ziel angekommen, wird Vanessa eins werden mit dem geliebten Wal, sterben, an was er starb und vereint im Liebestod als Opfer selbst zu Wasser werden.

Peter Wagner hat keine Scheu vor dem großen Wort. Er hat ein modernes Opernlibretto geschrieben, voller Pathos, als kraftvollem und mitreißendem Teil der Oper. Er nimmt sich ohne Berührungsängste der großen und schmerzvollen Themen unserer Zeit an. Ein Inferno nahezu im Ausmaß eines Dante; ein Inferno, das in jedem einzelnen Menschen in dieser verrückten Schöpfung schlummert oder wütet.

Peter Wagners Sprache erhöht die Banalität und die Zerstörungskraft des Alltäglichen zu einem Kunstwerk, ohne sie zu verharmlosen. Diese einzige Welt, in der wir leben, wird uns als Operntext präsentiert. Und je weiter und tiefer wir darin eintauchen, umso aufrüttelnder und bedrängender stellt sich unsere menschliche Existenz dar.

Dieser Text lässt uns aber in seinem allumfassenden Schmerz und Tiefsinn nicht in der Hoffnungslosigkeit zurück: „Der Mensch hat verursacht, der Mensch kann auch retten!" Die Kinder, die nachfolgende Generation, werden die Schuld begleichen. Der Preis dafür ist jedoch sehr hoch.

Peter Wagner ist als zeitgenössischer Künstler eine wichtige und mahnende Stimme in der österreichischen Literatur. Mit diesem Text greift er artifiziell und niveauvoll Themen auf, die uns alle angehen und noch lange beschäftigen werden. Er trifft einen Nerv der Zeit, ein kollektives Gefühl, das die Wahrnehmung unserer momentanen Existenz philosophisch und literarisch treffsicher reflektiert.

Walter Kootz war Lektor im Kaiser-Verlag Wien und ist heute wissenschaftlicher Mitarbeiter und Projektkoordinator im PEN-Büro in Wien

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Der Computer gehört zu uns

Interview Ferry Janoska, geführt von Claudia Fellinger

Wie kam es dazu, dass du eine Oper komponierst?

Eigentlich ist der Peter (Wagner, Anm.) daran schuld. Wir arbeiten ja schon seit 20 Jahren zusammen. Er hat mir das Libretto geschickt, und dann ist letztes Jahr im Dezember die Entscheidung gefallen „Okay wir starten“. Ich habe mir überlegt, in welche Richtung es gehen soll. So eine rein „klassische Oper“ wollte ich eigentlich überhaupt nicht.  Mein Traum war es immer, eine Oper zu schreiben, in der man viele verschiedene Stilrichtungen vermischt, weil es musikalisch gesehen so etwas nicht so oft gibt.

Was waren deine ersten Gedanken zum Libretto?

Leider Gottes ist Peters Libretto irrsinnig aktuell. Theoretisch hätte es mir ja lieber sein können, dass es so eine Science-Fiction Geschichte ist, die uns überhaupt nicht betrifft, aber er hält unserer Gesellschaft so derartig den Spiegel vor! Wie wir leben, was wir alles diesem Planeten und der ganzen Tierwelt antun und wie wir sie ausbeuten. Teilweise denk ich mir, wenn ich jetzt noch eine komplett dramatische Musik dazuschreiben würde, dass es dann für die Zuschauer und Zuhörer wahnsinnig kompliziert und sehr schwer wäre. Das will ich im Grunde nicht. Deshalb bringe ich auch jazzige Teile mit zum Teil sehr schnellem Rhythmus, Swing oder auch Funkigem rein.

Nun ist es aber so, dass, sobald du Oper sagst, du an ein Symphonieorchester denkst – und das können wir uns nicht leisten. Peter und ich haben uns geeinigt, dass ich mit dem Computer arbeiten kann. Ich habe mir die besten Samples noch zusätzlich gekauft, VSL, mit denen ich ein Orchester perfekt imitieren kann. Der Computer gehört einfach zu uns, wozu also weiterhin Berührungsängste, wenn er ohnehin bereits sowohl in unserem Alltag als auch in unserem praktischen oder auch kreativen Selbstverständnis verankert ist? Warum können wir nicht einmal zeigen, was man damit vor allem auch musikalisch machen kann? Der Computer ist ja nur so gut, wie ich es bin. Wenn ich Scheiß reingebe, kommt auch Scheiß raus, also erhöht er ja nicht mein Niveau. Das Programmieren, bis ich das verstanden habe, bis ich jede Note eingegeben habe und wie ich sie genau artikuliert und gespielt haben wollte, das war irre, irre! Aber wenn du es dann hörst, sind gewisse Sachen – finde ich – großartig, und du denkst, da sitzen 100 Mann! Und außerdem: In St. Margarethen haben sie extra einen Raum gebaut, irgendwo hinten, sodass das Publikum nicht einmal den Dirigenten sieht, nichts! Das heißt, man könnte heutzutage nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch irgendwelche Playbacks einspielen, bei denen der Karajan die Wiener Philharmoniker dirigiert ... (Lacht)

Was also kann man sich von der Oper „Vanessa geht zu den Walen“ erwarten?

Musikalisch erwartet das Publikum hoffentlich das allerhöchste Niveau, das ich musikalisch kompositorisch draufhabe. So, wie ich jetzt arbeite, arbeite ich irrsinnig aufwendig, ich schaue auf Kleinigkeiten, die vielleicht vielen gar nicht auffallen werden, aber mir sehr wichtig sind. Ich weiß nicht, ob es eine Perfektion in der Musik gibt, aber ich versuche wirklich das allerbeste zu machen, damit auch ich selber zufrieden bin. Ich werde es zwar nie wirklich sein, Ich denk mir immer, das kann man noch besser, aber ich will auch zufrieden sein.
Und ich will vor allem auch, dass das Publikum sich wundert, ob es nicht doch im Kino sitzt, denn ich arbeite erstmals mit Dolby Surround, und das wird für das Publikum ein weiterer Spannungspunkt sein.

Wenn du deinen Kompositionsstil beschreiben müsstest? Welche Wörter, Attribute, Adjektive würdest du verwenden? Oder könntest du deinen Kompositionsstil so genau definieren?

Ich glaube nicht, dass ich meinen Kompositionsstil definieren kann. Ich musste sehr früh aus Gründen des bloßen Überlebens als Komponist und Arrangeur vielseitig werden. Ich bewundere jeden, der sagt: „Ich mach nur ernste Musik, alles andere ist egal“, aber das wollte ich meiner Familie nicht antun. Na gut, was hat sich da angeboten: Bigband, Blasmusik, irgendein Quartett und Quintett, vor allem in der klassischen Musik, aber auch in andere Stilrichtungen wie Reinhard Fendrich, für den ich auch gearbeitet habe. Und für eine Produktion habe ich überhaupt einen Platinaward bekommen. Und da ich einige Stilrichtungen beherrsche, weil ich sie lernen hab müssen, um es so gut wie möglich zu können, damit ich auch Aufträge bekomme, kann ich wirklich behaupten, dass ich mich da auskenne. Und alle diese Stilrichtungen habe ich auf musikalisch hohem Niveau eingebaut. Das wäre dann der Stil oder auch die Handschrift von mir: Dass ich eben auf mehrere Stilrichtungen zurückgreifen kann. Das war eigentlich die Grundidee von mir für die Oper. Vor allem deshalb, weil die teilnehmenden Musiker*innen zu unterschiedlichen Stilrichtungen tendieren, dachte ich mir:

Die Langversion des Interviews ist im BLATTWERK Nr. 16, der Programmzeitschrift des OHO, nachzulesen.