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Österreich, Liebling!

von Peter Wagner
„Österreich, Liebling!“ entstand als Auftragsarbeit der Grünen und wurde von diesen vor der Ausstrahlen abgesetzt. Der Song ist auf der Doppel-LP „Peter Wagner Fledermäuse“ veröffentlicht.

Österreich, Liebling

I.

Österreich …
Österreich, Liebling
                       Ja servus!
Österreich, du schöne
Maid …
                         O ja…
Deine Täler, deine
Hügel, deine Gipfel …
                          O ja, meine Kipferln …
Deine süßen kleinen
Butterberge …
                        O ja, komm in mich, du
                        bist himmlisch, Karajan …

II.

Karajan?
                            Sprich weiter …
Deine Lifte, deine
Hotels …
                        O ja …
Deine schlanken ranken
Autobahnbrückenpfeiler …
                         O ja …
O Österreich, du schöne
Maid …
                         Ui da …
Die Welt ist weit …
                         O Gott, bin ich dir auch
                         nicht zu eng …
Zu eng?
                         Du weißt schon …

III.

Wie kannst du das sagen,
wo doch ganz Europa auf
dich wartet …
                         Sag das nochneinmal …
Alle unsere Freunde von
der Europäischen
Geschweinsschaft
                          O wie schön …
Hallo Austria, are you
all right?
Bonjour Madame!
Was hat er gesagt?
O Franz, wie schön …
Franzalois bitte …
                             Franzalois, tiefer …
Geht schon fast nicht
mehr …
                              Jetzt musst du dich aber langsam
                              beeilen, Liebling …

IV.

Beeilen, wieso?
                             Sonst werden doch die Gäste
                             ungeduldig …
Mach Mann, du denkst wohl
Österreich gehört dir alleene,
dat setzt doch dem Kurier glatt
die Krone uff!
Das ist mir aber leicht
unangenehm …
                             Was Liebling?
Dass uns da alle zusehen,
wie ich dir in den Nacken
beiße …
                                Aber das ist doch ganz
                                besonders schön …
Trotzdem …
                                Aber Liebling, komm …
                                die anderen wollen doch auch
                                noch drankommen …

V.

Aber du hast es doch
mit Hitler auch schon
getrieben …
                                Aber ich lieb doch nur dich …
Wirklich?
                                Ganz wirklich …
                                und jetzt …
Bin ich gut?
                                Du bist wunderbar …
Ehrenwort?
                                Du bist der beste von allen …
                  Beeilung, Mann!!!
                    Komm jetzt!

VI.

Ja ich komm …
                                  Komm ….
Ja ….
                                  Komm ….
Ja ….
                                  Komm ….
Ja …
                                  Komm …

VII.

Komm, komm, komm doch komm
Komm zum Reiten nach Österreich!
Komm, komm, komm doch komm
Komm zum Reiten nach Österreich!

Den Mund zu voll genommen?

Die Grünen zensurieren Werbespot

Parteien können nur den Parteistandpunkt vertreten. Aus diesem Grund wurde Anfang des Jahres von den Grünen beschlossen, ihre im ORF für Propaganda reservierten Plätze künftig ausschließlich Künstlern zu überlassen.

Den Mund hatte man damals reichlich voll genommen. …In einem Land, wo die Unwahrheit staatstragend geworden ist, ist es an der Zeit, die Künstler als Vertreter der Wahrheit neue Formen des Sagens entwickeln zu lassen“, erklärte Ulrich Gabriel, Mitglied des grünen Parteivorstands und verantwortlich für Sendungen von neuem Belang. „Die Künstler haben in Form und Inhalt vollkommen freie Hand“, hieß es da. Nun, elf Monate später, in denen 14 Sendungen produziert wurden, hat man wieder einmal den Scherben auf.

Am Dienstag, den 15., und Mittwoch, den 16. November, hätte auf den Frequenzen von Ö1 und Ö3 eine Auftragsarbeit des burgenländischen Hörspiel- und Theaterautors Peter Wagner, 32, in den Äther strahlen sollen. Stattdessen ging eine ganz andere Produktion auf Sendung. Der Grund: Ausgerechnet durch Gabriels im August berühmtberüchtigt gewordenen Beitrag („Wer die Pyhrnautobahn baut, frisst kleine Kinder“) aufmerksam geworden, führte sich der versammelte Bundesvorstand Wagners Werk vor Ausstrahlung zu Gemüte. Ergebnis: Sendeverbot!

Zu hören ist in dem 174 Sekunden lange Spot ein mit Pop-Rhythmen unterlegtes Gestöhn: Franz-Alois bumst Fräulein Österreich. O-Ton: „Deine süßen Butterberge…“ – „O ja, komm in mich, du bist himmlisch, Karajan…“

Bundesgeschäftsführer Johannes Voggenhuber erinnert sich lächelnd an diese „Lautmalereien eines Geschlechtsverkehrs in drastisch-naturalistischer Form“. Zweifellos sei die Freiheit der Kunst hier an eine Grenze gestoßen. „Wir haben die künstlerische Freiheit lange hochgehalten, obwohl eine Welle des Protests aufgebrandet ist. Und zwar, ohne mit der Wimper zu zucken. Wenn aber ein Bauherr bei einem Architekten ein Haus bestellt, und er bekommt dann einen Krater, dann ist das zuviel.“ Eine Widersprüchlichkeit, eine ungelöste Frage.

Gabriel hält die Sendung rundweg für „zynisch-defensiv und sexistisch“. Primitive Männerdiktion in Trivialsymbolik zu verpacken genüge einfach nicht. „Freie Hand für die Künstler, das war naiv und vorschnell dahingesagt“.

Bei Wagner hinterlässt die Entscheidung einen „äußerst unguten Beigeschmack“. Er ist enttäuscht von soviel „Unbildung“ im grünen Parteivorstand und beklagt das „Manko an philosophischer Breite“. „Für mich wäre es drinnen gewesen, dass die Grünen dazu stehen.“

Die großmäuligen Ankündigungen vom Anfang des Jahres jedenfalls sind gegenstandslos. Und für ein praktisches Exampel bei der, diese Woche im Wiener Studentencafé stattfindenden Enquete der IG Autoren ist ebenfalls gesorgt. Am Donnerstag, den 24., diskutiert der grüne Abgeordnete und Kulturexperte Herbert Fux: Thema: „Der Zeit ihre Kunst. Der Kunst ihre Freiheit. Der Freiheit ihre Grenzen?“. Am Freitag folgt ihm Parteibruder Peter Pilz: Thema: „Die Schere im Kopf“.

Wolfgang Koch, FALTER