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Aufarbeiten als Auftrag

INTERVIEW / In „Stefan Horvath – Zigeuner aus Oberwart“ beleuchtet der Filmemacher Peter Wagner die Situation der Roma und erzählt die Geschichte eines Angehörigen der Rohrbomben-Opfer.

Stefan Horvath lebt in der Roma-Siedlung in Oberwart, bei der Detonation der Oberwarter Rohrbombe verlor er im Jahr 1995 einen Sohn. Das heutige Leben Horvaths behandelt der südburgenländische Autor und Filmemacher Peter Wagner in seiner zweistündigen Dokumentation „Stefan Horvath – Zigeuner aus Oberwart“. Damit verfolgt er den „roten Faden“ zur Geschichte der Roma in seinem Werk weiter.

Neue BVZ: Den Film über Stefan Horvath könnte man als Ihren Beitrag zum kommenden Gedenkjahr sehen. Ist er auch ein Anstoß zur weiteren Aufarbeitung der schwierigen Geschichte der Roma?

Peter Wagner: Der Anstoß für die Roma des Südburgenlandes ist bereits durch Stefan Horvaths Buch („Ich war nicht in Auschwitz“, Anm.) passiert. Generell hat es nach dem Zweiten Weltkrieg ja fast dreißig Jahre gedauert, bis das Schicksal der Roma erstmals ähnlich beschaut wurde, wie das der Juden. Wer den Film sieht, wird auch die Gründe dafür erfahren.

Neue BVZ: Wie kam nun Stefan Horvath dazu, sich mit der Geschichte seiner Volksgruppe derart intensiv zu befassen?

Wagner: Durch das Attentat ist der Stefan das erste Mal wirklich in die Offensive gegangen. Er hat irgendwie gespürt: Entweder er wird wahnsinnig, oder er beginnt damit, das aufzuarbeiten, was da seit vielen Jahrzehnten unausgesprochen im Raum steht. Und auch generell kann man vor allem in den letzten Jahren in dieser Frage einen Ruck in eine positive Richtung erkennen.

Neue BVZ: Sollen Ihre Filme, gerade in solchen Fragen, die Zuschauer auch rügen?

Wagner: Den moralischen Zeigefinger erhebe ich nicht gerne. Außerdem erzählen sich manche Geschichten von selbst. Ich bin keine moralische Keule wie Michael Moore, obwohl dessen Arbeit auch durchaus ihre Berechtigung hat. Ich arbeite lieber auf einer sensiblen Ebene als auf einer brachialen.

Neue BVZ: Wie gehen sie an solche sensiblen Themen heran? Wie kam es zu diesem Film?

Wagner: Natürlich brütet man über manchen Themen so seine Zeit, und irgendwann passiert dann die Initiation zur filmischen Umsetzung der Ideen. In diesem Fall wollten wir aber in einer Drehpause lediglich ein Kurz-Interview zu Stefan Horvaths Buch machen – daraus wurde jetzt eine zweistündige Dokumentation.

Neue BVZ: Es heißt, man soll im Film trotz der schwierigen Thematik auch die Lebensfreude der Roma spüren…

Wagner: Diesen Optimismus spürt man in erster Linie durch Stefan Horvath selbst. Obwohl er ein sehr kämpferischer Mensch ist, sieht man ihn immer wieder auch lachend. Man spürt, dass er trotz des Wissens um die großen Probleme seiner Volksgruppe nie den Glauben daran verliert, dass es besser werden kann und auch besser wird.

Wolfgang Millendorfer, Neue BVZ, 2004