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Die Weiße Frau
Fast ein Musical

Die Inszenierung

Stück von Peter Wagner / Musik: Arthur Fandl
In den Hauptrollen: Weiße Frau: Eveline Rabold; Boris: Jan Sokol; Graf Stefan: Klaus Stöger; Die vier Zofen: Gabi Leonhard, Eva Stimpfl; Susanne Ernst, Nicole Mühl; Närrin: Michaela Ifkovics; Wacholder: Florian Resetarits; sowie rund 40 weitere Mitwirkende aus dem Raum Güssing;
Bühne: Günter Temmel; Licht: Alfred Masal; Kostüme: Henryk Rys Mossler; Ton: Gerhard Junker; Regieassistenz: Ines Lackner; Musikeinstudierung: Arthur Fandl
Regie: Peter Wagner

Stück >>

Presseaussendung

Das Laienspiel wird gemeinhin mit „Bauerntheater“ oder rühriger, aber flacher Theaterkonfektion verwechselt.

Umso bedeutsamer hebt sich das Modell der Güssinger Burgspiele von dem österreichweit gebotenen Theater der nichtprofessionellen Darsteller ab. Vor allem auch deshalb, weil hier die Grenze zum professionellen Theater längst überschritten wird. Stück (es handelt sich jeweils um Uraufführungen), Regie, Bühne, Maske, Kostüm, Requisite, Ton, Licht und PR liegen in der Hand von Profis. 10 Wochen täglicher, intensiver Probenarbeit mit einer Hundertschaft von Mitwirkenden mögen einen Eindruck davon geben, wie umfassend solch eine Inszenierung auf dem Burggelände in das Leben jedes einzelnen Darstellers eingreift, der ja in der Regel auch noch einen Beruf oder ein Studium zu bewältigen hat.

Wird also einerseits das künstlerische und technische Terrain der Spiele von Theaterprofis aufbereitet, so lebt andererseits der Reiz der Aufführungen vom unverwechselbaren Original und Enthusiasmus seiner Darsteller, denen vom Autor die Rolle sozusagen auf den Leib geschrieben wird. Die Lust an der Selbstdarstellung, die Ernsthaftigkeit in der Erarbeitung oft schwieriger Sprech-, Gesangs- und Tanzpassagen, die Überwindung persönlicher Hemmnisse, die Befriedigung über Fortschritte in der Arbeit, die Freude am gemeinsamen Produkt, die hohe Verantwortlichkeit jedes einzelnen für das Gesamte (es gibt keine Doppelbesetzungen!) - all das prägt die Burgspiele und seine Mitwirkenden und lässt sie nicht nur zu einem kulturellen, sondern beinahe schon soziologischen Phänomen werden. Immerhin sind die jüngsten Darsteller noch keine sechs Jahre alt, die ältesten aber schon jenseits der Siebzig.

Für die Burgspiele Güssing ist es gerade aus diesem Grund wichtig, dass vor allem in den Medien eine Imagekorrektur des sog. Laientheaters vollzogen wird, das überhaupt nichts mehr mit dem noch immer gepflegten Klischee des „Bauerntheaters“ zu tun hat. In einer Zeit, die viele Menschen in der Flut des medialen Angebots verloren in sich selbst zurücklässt, ist solch ein umfassend kulturelles Modell auch von nicht zu unterschätzender gesellschaftlicher Bedeutung.

Bitte teilen Sie den Menschen mit, dass im Süden des Burgenlandes ein Juwel ganz eigener Art zu entdecken ist. Man wird sich von seiner Ausstrahlung und Lebensfreude anstecken lassen!

Pressestimme

Peter Sitar, KURIER: Weiße Frau geistert über Güssing
Bezirksvorort setzt auf Mischung von Profis und Hunderten Laiendarstellern / Einzigartiges Konzept soll Region zu neuer Blüte verhelfen
Güssing hat genug von der Unprofessionalität und drittklassigen Sommer-"Kultur"-Ereignissen. Heuer setzt man rund um die alles überragende Burg auf eine Mischung aus Profis im Hintergrund und eine talentierte Hundertschaft von Amateuren im Vordergrund. Was bei dieser ambitionierten Mischung herauskommt, davon können sich Besucher ab dem 19. Juni auf der Burg bei der Aufführung von "Die Weiße Frau - fast ein Musical" überzeugen. Neben der schon laufenden Märchenausstellung auf der Burg - Sagenhafte Welt - Welt der Sagen" wird das sicher der Höhepunkt der heurigen Güssinger Saison werden.
"Wir wollen ganz bewusst weg von dem Image des Laienspiels als Bauerntheater, hin zu einer wirklich herzeigbaren Darstellung von Laien, die von Profis unterstützt werden", erklärt Autor, Regisseur und Choreograph Peter Wagner. Und er lässt eine Hundertschaft von Schülern, Geschäftsleuten, Handwerkern, Beamten und freiberuflichen Akademikern auf den verschiedenen Bühnen im Burghof aufmarschieren, um dort das Stück von der Weißen Frau darzustellen.

Halber Ort steht auf der Bühne
Es ist fast der halbe Ort Güssing, der hier auf der Bühne stehen wird und mit Begeisterung sein Bestes geben wird. Vor allem die Schüler sind mit unglaublicher Begeisterung bei der Sache, aber auch für den Rest der Laiendarsteller ist das Stück eine Frage der Ehre. Denn es geht dabei letztlich auch fast um die Geschichte einer Burgenländerin. Historischer Hintergrund ist die Gräfin Katharina Almasy vom Schloss Bernstein. Einer ihrer Nachfahren, der Graf Almasy, geistert derzeit höchst erfolgreich als "Englischer Patient" über die Kinoleinwände.

Katharina selbst wurde – so die Sage – lebend eingemauert und geistert seither als Weiße Frau durch die Umgebung.
Peter Wagner machte daraus ein packendes Stück über eine Frau zwischen zwei Männern, ihrem Ehemann und dem Grafen Boris. Beim großen Finale tötet der Mann den jungen Konkurrenten und lässt Katharina lebendig einmauern. Diese rächt sich sehr weiblich: Sie erscheint ihrem Mörder und treibt ihn in den Wahnsinn.
Derzeit wird auf der Burg gehämmert, gesägt und gearbeitet, damit die drei Bühnen, die Wagner für die Inszenierung braucht, auch rechtzeitig zur Premiere (siehe Kasten) fertig werden. Kultur-Landesrätin Christa Prets unterstützt die Weiße Frau tatkräftig und hofft, daß diese einzigartige Mischung den Ort Güssing weit über die Landesgrenzen hinaus zu Bekanntheit und reichlich Gästen verhilft.

Auch Gottfried Pröll vom Güssinger Burgverein rührt schon jetzt eifrig die Werbetrommel: "Die bühnenerprobten, wetterfesten Laienspieler aus Güssing garantieren, eingebettet in professionelles Umfeld, ganz einfach ein Erlebnis der besonderen Art. Und wie es sich für Reinkarnationen im ausgehenden zweiten Jahrtausend geziemt, offeriert die Weiße Frau und ihre Gesellschaft Informationen auch per e-mail: h.koller@bnet.co.at."
Die Musik zum Fast-Musical stammt vom Güssinger Arthur Fandl, wobei die Palette vom Pannonischen bis zum Soul reicht. Kostüm und Maske: Henrik Rys Moser, das Bühnenbild stammt vom Güssinger Maler Günter Temmel. Und der Autor, Peter Wagner, der hat einen Sonnenbrand, von den langen Proben im Freien.


Textauszug

(Ein junger Bauernbursch mit einem Ranzen kommt vorbei. Der Blinde spielt. Der Narr und sein Gehilfe sehen sich die Szene aus der Distanz an.)

DER BLINDE:
           Halt ein, mein Freund, ach zügle deine schnellen Schritte
           Ich seh, in Kummerfalten wirft sich deine Stirn
            Von zwei Möglichkeiten gibt es immer noch ne Dritte
            Und auch der Faden deines Glücks ist nicht aus Zwirn.
            Drum ist’s gescheiter, wenn du wieder lachst
            Und mir an diesem Orte
            Für meine weisen Worte
            Eine nicht zu kleine Spende machst!
            Denn was ich seh, das seh ich nun einmal –
            Und das ist, ach glaube mir, nicht zuviel in diesem Fall!

DER BAUER: Ach was, du Scharlatan, der Faden meines Glücks ist längst gerissen! Hunger und Not, davon hätt ich noch leben können, weil hierzuland und unter dieser Herrschaft ohnehin niemand von was anderem lebt. Aber gestern ist mir, entkräftet vom Hunger wie sie war, auch noch meine Frau im Kindsbett gestorben, und da soll ich nun lachen?! Sei froh, dass du blind bist, sonst würd ich mich für deine weisen Worte schon in der gebührenden Weise erkenntlich zeigen! Da, das ist meine Spende für dich!

(Er spuckt in den Blecknapf. Geht weiter. Der Narr hält ihn auf.)

DER NARR: O, ich verstehe dich so gut, mein Bruder. Und nun gehst du in deiner Verzweiflung mit dem Grafen in den Krieg.

DER BAUER: Wenn er mich nimmt, bin ich nicht abgeneigt.

DER NARR: Er wird dich nehmen. Denn er sucht nach Männern wie dir, die in der Hitze des Gefechtes alles gewinnen werden, weil sie selbst nichts mehr zu verlieren haben.

DER BAUER: Ganz genau so ist es.

DER NARR: Endlich wieder etwas anderes sein als das von Gott verfluchte Häuflein Elend …

DER BAUER: Ganz genau!

DER NARR: Geadelt durch die Gefahr, gekrönt durch den Tod.

DER BAUER: Wie wahr du sprichst. Und wie gewählt! Anders als dieser Schleimbeutel da!

(Ein schwarzer Reiter kommt langsam auf seinem Rappen vorbei. Narr, Diener und Bauer gehen in die Knie und bekreuzigen sich.)

DER NARR: Siehst du, das ist dein Tod, mein Freund.

DER BAUER: Mein Tod?

DER NARR: Dein Tod, der dich zu einem Helden macht!

DER BAUER: Mich zu einem Helden macht ... ich werde also ein Held sein, ein wirklicher Held?!

DER NARR: Nur durch den Tod! Da reitet er dahin. Und du wirst ihm fortan folgen bis zu jenem Tag, da ihr euch beide in der Schlacht begegnet. Unter seinem Mantel verbirgt sich der Ruhm, den er über dich schütten wird zum Wohle des Vaterlandes. Deine Ehre heiße Treue!

DER BAUER: Jawohl, meine Ehre heißt Treue!

DER NARR (erhebt sich und putzt sich ab): Ich frag mich allerdings nur, warum du dein gesamtes Erspartes mit in den Krieg nehmen willst.

DER BAUER: Ach was, mein gesamtes Erspartes! Das ist gerade so viel, dass ich mir neue Stiefel kaufen kann. Mit solchen Lumpen an den Beinen geht doch ein richtiger Soldat nicht in den Krieg!

DER NARR: Das ist schon richtig. Doch andererseits: willst du wirklich riskieren, dass - nachdem du im eigenen Blute verröchelt bist - sich irgend solch ein Muselmane deiner neuen Stiefel bemächtigt? Da hast du nun jahrelang den letzten Notgroschen in deinem Beutel gehütet wie dein Augenlicht, hast selbst gehungert und dein Weib hungern lassen, nur damit du ihn dir aufheben kannst für noch schlechtere Zeiten, und das soll nun in Form von nagelneuen Stiefeln dem Sarazenen in die Hände fallen?

DER BAUER: Da habt ihr allerdings auch wieder recht. Was mach ich nur?

DER NARR: Ich würde sagen: Du überlässt den Beutel ganz einfach mir. Und solltest du es dir am Schlachtfeld überlegen und dich doch gegen den Heldenruhm entscheiden, solltest du also wider alle deine Pläne Verrat an deiner Entscheidung, dem Tode zu begegnen und die Ehre zur Untreue erklären …

DER BAUER: Das werde ich mitnichten, meine Ehre heißt Treue!

DER NARR: … so wirst du bei deiner Heimkehr ganz einfach nach dem Narren fragen, der dir den Beutel sodann zurückerstattet.

DER BAUER (zieht den Beutel aus dem Wams): Das ist ein guter Rat. Zu dir hab ich Vertrauen, denn du versuchtest mir nicht etwas einzureden, was nicht stimmt!

DER NARR: Ich hab noch niemals irgendjemand irgendetwas eingeredet, nicht einmal versucht!

DER BAUER (gibt dem Narren den Beutel und küsst seine Hand): Danke, mein Herr, vielen Dank. Nun ist mir leichter.

DER NARR (wiegt den Beutel): Das glaub ich auch. Und nicht vergessen: folg immer brav dem Grafen – und diesem schwarzen Reiter. Auch wenn er dir mitunter abhanden kommt: verzage nicht, du wirst ihn wieder treffen.

Der Bauer ab. Der Narr öffnet den Beutel, legt sich in die Schiebetruhe.

DER NARR: Ab mit uns, unser Pensum ist für heut erledigt. (Wirft einen Blick auf den Blinden.) Hab ich nicht gesagt: es gibt Talentierte. Und dann gibt es leider auch weniger Talentierte. (Betrachtet den Blinden.) Ich will damit natürlich nicht behaupten, dass auch die weniger Talentierten nicht dazulernen könnten.

(Wälzt sich aus der Schiebetruhe. Öffnet den Beutel, wirft dem Blinden ein paar Münzen in den Blechnapf.)


DER NARR: Bist ja auch nur eine arme Sau, die nichts kann ... für den ganzen Schmarren!

(Schließlich legt er ihm den ganzen Beutel in den Blechnapf.)

DER NARR: Verdammter Hund, werd selig!

(Legt sich in die Schiebetruhe. Der Diener schiebt ihn fort. Der Blinde schiebt sich die Blindenbinde über die Augen, zählt das Geld im Napf und im Beutel.)

DER BLINDE:  Ach wie schön ist es doch, andere für sich arbeiten zu lassen. Es gibt solche Narren, die tun das auch noch freiwillig. Ein Narr bleibt ein Narr, und das ein Leben lang. Aber immerhin, der Trick mit dem Reiter war nicht schlecht. Den muss ich mir merken.

(Er steckt den Beutel ein und zieht die Blindenbinde wieder über die Augen.)